Guatemala 1994

1994 in Guatemala hilft Schule statt Straße beim Aufbau der Grundschule in San Pedro de la Laguna am Lago de Atitlán. Die Bilder zeigen die Schule während der Bauarbeiten (links oben) und darunter zwei Jahre später. Das Team '94 ist auf dem Foto in der Mitte zu sehen.

Guatemala 1994

 

General-Anzeiger Bonn, 25. 10. 1994

Ohne Bildung haben die Kinder keine Chance

Bonner Studenten halfen beim Ausbau einer Grundschule in einem armen Dorf in Guatemala

Von Johannes Mehlitz

Mit Schwielen an den Händen und voller neuer Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke kehrten sie zurück. ,,Schule statt Straße” war das Motto des dreieinhalbwöchigen Aufenthaltes dreier Bonner Studenten in Guatemala. Zusammen mit Schülern und Studenten aus Niedersachsen halfen sie heim Aufbau einer katholischen Grundschule in San Pedro La Laguna am Atitlánsee.

,,Man kann sich das als Europäer gar nicht vorstellen”, sagt Michael Mondry, Theologie­student an der Universität Bonn, ,,das Land steckt voller Widersprüche. Einerseits blü­hende Vegetation. Überall wächst und ge­deiht es in tropischem Überfluss. Andererseits leben die Menschen in größter Armut Viele haben nur das, was sie als Kleinbauern  erwirtschaften.”

Tatsächlich zählt der mittelamerikanische Kleinstaat. so groß wie Bayern und Baden­Württemberg zusammen, zu den ärmsten Ländern der Welt. Eines der brennendsten Probleme: mangelnde Bildung in allen Altersgruppen.

Mit Spitzhacke, Meißel und Kelle ausgerüstet, machten sich die Bonner daran, der noch unverputzten zweiten Etage der Schule des 2 500 Einwohner zählenden Dorfes San Pedro den letzten Schliff vor dem Einzug neuer Klassen zu geben. Dabei hatten sie mit vielerlei Widrigkeiten zu kämpfen. Werkzeug bei­spielsweise war Mangelware, an Baumaschi­nen war gar nicht zu denken.

,,Die Leute dort arbeiten mit den einfach­sten Mitteln. Der Putz etwa wird mit der Hand angerührt, jeder Eimer Speis muss per Hand nach oben getragen werden. Bei uns hätte man für die Arbeit, die wir erledigt ha­ben, nur ein paar Tage gebraucht Bevor wir loslegen konnten, mussten wir das Nötigste selbst kaufen”, berichtet Michael Mondry. Am meisten habe ihm der Kontakt zu den Einheimischen gebracht:  Die Begegnung mit den Indianern war wie ein Eintauchen in eine völlig neue, uns fremde Lebensweise und Kultur.”

Ende der achtziger Jahre hatten die Katholiken San Pedros beschlossen, eine Grundschu­le zu bauen, um dem Recht auf Bildung für die meist in extremer Armut aufwachsenden Kin­der des Dorfes Rechnung zu tragen. Die ver­schiedenen Bauphasen wurden mit Unterstüt­zung von Bewohnern durchgeführt. In den letz­ten Monaten arbeiteten insgesamt 550 Nach­barn mit. Um die Baukosten decken zu können, wurden Sammlungen durchgeführt. Anfang 1991 nahm die Schule ihren Betrieb mit 43 Schülern auf. Im Januar 1994 waren es be­reits 232 Kinder, verteilt auf zwei Jahre Vor­schule und sechs Jahre Grundschule.

Weniger schweißtreibend als vor Ort waren die Hilfsarbeiten in der Vorbereitungsphase für die Tour gelaufen: Mehrere Säcke Medikamente und ein ausrangiertes Mikroskop hatten die Deutschen in Apotheken und bei Bekannten gesammelt, um sie als Gastgeschenk für eine an die Schule angeschlossene neue Krankenstation mitzunehmen. Die Station versorgt sechs benachbarte, am See ge­legene Dörfer.

Ihre knappe Freizeit an Wochenenden nutzten die jungen Leute zur Information über andere Bildungsprojekte im Land. Un­ter anderem besuchten sie die von der priva­ten  Entwicklungsorganisation Fundacen, Fundación Centroamericana por la Initiativa del Sector Privado, gegründeten Berufsschulen Kinal und Junkabal. Beider Standort ist eines der Elendsviertel der Hauptstadt Guatemala-City.

,,Kaum vorstellbar. Unter unwürdigsten Bedingungen leben und arbeiten mehrere tausend Menschen auf der Müllkippe der Stadt. Überall Gestank, Dreck und Lärm” – so beschreiben die Bonner ihre Eindrücke. Nur mit einer beruflichen Ausbildung gelän­ge es den Menschen, ihre Lebenssituation Schritt für Schritt zu verbessern. Eines ha­ben die Bonner erkannt: Entwicklungshilfe funktioniere nur dort, wo sich die Menschen selbst helfen oder in die Lage versetzt wer­den, sich aus ihrer Not zu befreien.

Wer das Schulprojekt oder Fundacen mit Spenden unterstützen will, kann es über die Rhein-Donau-Stiftung tun. Unter dem Stichwort ,,Schule San Pedro” hat sie ein Konto mit der Nummer 2 83 07 01 bei der Bayerischen Vereinsbank München, BLZ 70 02 02 70.